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• System: Dreamcast
• Entwickler: Climax Entertainment
• Vertrieb: Sega
• Version: USA
• Release: 28.03.00 (USA)
• Test in GAMEFRONT Nr. 31, Mai 2000
Held wider Willen: Eigentlich wollte der junge Abenteurer Sword alles andere als in eine bizarre Fantasy-Welt hineingezogen werden. Doch ehe er sich versieht, durchstreift er einen seltsamen Dungeon. An dessen Ende entschlüpft er einer Turmuhr und landet in einer Stadt. Immerhin findet er schnell Aufklärung, denn ein alter Mann, den er gnädigerweise "Master" nennen darf, bringt ihn auf den neuesten Stand: Sword befindet sich in einer Fantasy-Welt, die aus verschiedenartigen Kontinenten besteht.
Allerdings weiß niemand so recht, warum und weshalb diese Welt auf diese Weise existiert. Als neuer Held gefeiert, muss Sword nun hinter diese Geheimnisse kommen - sowie die alles entscheidende Frage klären: Kann man aus dieser Welt flüchten?
Zur Freude vieler Sega-Fans gibt es sogar ein Wiedersehen mit Charakteren aus alten Climax-Produktionen wie Nigel und Friday aus Landstalker (Mega Drive). In Time Stalkers sind die Kontinente bzw. Städte durch Dungeons verbunden. In ihnen spielt sich ein Großteil der Handlung ab. Die Dungeons generieren sich jedes Mal aufs Neue, sodass man niemals dieselben Höhlen zweimal zu Gesicht bekommt. Immerhin gibt es eine eingebaute Kartenfunktion, die maßgeblich zur Orientierung beiträgt. Beginnend auf der ersten Etage, kämpft man sich Stockwerk für Stockwerk nach unten. Die Kamera bleibt dem Helden immer dicht auf den Fersen und versucht alles stets im geeigneten Winkel zu präsentieren. Allerdings darf die Perspekive auch manuell nachjustiert werden.
Wie es sich gehört, lauern in den Dungeons zahlreiche Monster, die sich in Echtzeit gut sichtbar durch die dunklen Gänge bewegen. Die rundenbasierten Kämpfe finden in der normalen Umgebung statt. Neben herkömmlichen Waffen wie Schwertern, kommt auch Magie zum Einsatz. Spezialtechniken können ebenfalls verwendet werden, was jedoch zu Lasten der "Vitality Points" geht. Erfahrungspunkte werden auch verteilt, allerdings wird der Level beim Betreten eines Dungeons wieder auf 1 zurückgesetzt.
Dafür winken "Titles" bei der Bewältigung eines Dungeons, durch die man z.B. neue Magie erhalten kann. Feindliche Monster müssen nicht zwangsläufig vernichtet werden, sondern können sich auch als Verbündete der Party anschließen. Viele Gänge in den unterirdischen Schächten wurden zusätzlich mit Fallen versehen. Als Krönung wartet am Ende des Dungeons noch ein Endboss auf ein Duell.
In den Städten ist natürlich Small Talk angesagt. Neben dem Plaudern mit den Bewohnern kann man sich mit neuen Ausrüstungsgegenständen versorgen. Das Speichern ist sowohl in den Städten (Sword's House) als auch in den Dungeons möglich. Allerdings landet man nach dem Speichern in den Dungeons wieder im Startbildschirm. Nach Aufruf des Spielstands wird das File gelöscht.
Nach dem Test der japanischen Version vor über einem halben Jahr gibt's für Climax Landers erstmals einen neuen Namen: Als Time Stalkers versucht sich das RPG jetzt auf dem US-Markt zu behaupten. Mittlerweile ist einige Zeit ins Land gegangen, und nach dem Release von Shenmue oder Resident Evil Code Veronica sind nicht nur die Ansprüche der Spieler gewachsen.
Bereits im letzten Jahr fand ich die Grafik von Time Stalkers eher bescheiden, was sich bei der US-Version nicht geändert hat. Die Polygon-Charaktere wirken belustigend, gar lächerlich und sind für Dreamcast-Verhältnisse fast peinlich. Ähnlich verhält es sich mit den übrigen Konstruktionen, wie z.B. den Städten, bei denen am Ortseingang ein Schild mit der Aufschrift "Under Construction! Wegen Polygonmangel Betreten auf eigene Gefahr" stehen müsste.
Wie motivationslos die Entwickler zu Werke gingen, ist an solchen Kleinigkeiten wie den Schatten der Charaktere zu sehen: Der Held hat einen "echten" Schatten, andere Bewohner/Monster nur einen Kreis bzw. manchmal gar keinen Schatten. Climax humpelt dem technischen Standard jedenfalls um einiges hinterher. Das Erforschen und die Interaktion mit der Umgebung, speziell in den Städten, ist mal wieder tabu. Warum auch? Es ist ja nur ein Rollenspiel, und wo kämen wir da hin, wenn man in einem Haus Schränke durchwühlen oder Kisten öffnen könnte? Schickt Climax mal ein Grandia!
In den Dungeons reicht es, sich einzig mit Hilfe der Karte zu orientieren, so dass die übrige Grafik der Wände und Gänge fast überflüssig wird. Die Story wird vorwiegend in den Städten vorangebracht, während die Dungeons in erster Linie zum kämpfen da sind. Dadurch wirkt die Geschichte etwas holperig, weil kein regulärer Erzählfluss wie in anderen RPGs vorhanden ist. Das Kampfsystem hat so seine Tücken, wenn man beispielsweise ins Leere schlägt, nachdem man einen Angriffspunkt festgelegt hat, weil sich das Monster danach erst bewegt hat.
Dadurch, dass der Held stets mit Level 1 in einen Dungeon hineinkommt, ist ihm der Zugriff auf einige Waffen verwehrt. Um diese benutzen zu können, wird nämlich ein bestimmter Level benötigt, den er zu diesem Zeitpunkt aber nach nicht bzw. nicht mehr hat. Time Stalkers baut immerhin eine gute Atmosphäre auf und versöhnt durch das Wiedersehen mit alten Climax-Charakteren. Die Story ist akzeptabel, aber nicht umwerfend.
Die Framerate zeigt sich stabil und Grafikfehler halten sich vornehmlich zurück. Das Feature der selbstgenerierten Dungeons wurde zudem gut umgesetzt. Time Stalkers litt schon damals unter Altersschwäche und wirkt heute klappriger denn je: Mit betagter Grafik und einigen Unstimmigkeiten im Gameplay, erweckt Time Stalkers genau wie Blue Stinger den Eindruck, nicht fertig programmiert worden zu sein. Wenn Sega ernsthaft glaubt, damit die Rollenspieler übermäßig begeistern zu können, halten sie ihre Fans entweder für unglaublich doof oder wissen selber nicht, wie gute RPGs auszusehen haben.