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Gamefront: Die aktuelle Ausgabe


Facts:

System: Xbox
Entwickler: Digital Extremes
Vertrieb: Hip Games
Version: PAL
Test in GAMEFRONT # 46 Juli 2005


Von Viren infiziert pfeift Dr. Mason auf den hypokratischen Eid und wird zum Killer auf dem Gefängnisplaneten.



Karina ist von unbekannten Erregern infiziert worden. Der ausgebrannte Arzt Dr. Jack Mason begleitet die Patientin, als sie mit dem Transporter auf dem Ödland 'Erde' abstürzen. Sie überleben und finden sich inmitten von Gefängnissektoren wieder.
Allerdings infiziert sich auch Jack durch ein Unglück mit dem Virus. Gleichzeitig aktiviert sich eine Weltraumstation, die in 16 Stunden ein Notprogramm initiiert: Eine 50-Megatonnen-Bombe wird oberhalb des Meeresspiegels gezündet, um die Ausbreitung der gefährlichen Erreger zu verhindern.

Für die Geschichte haben sich die Entwickler Digital Extremes Unterstützung von den Hollywood-Drehbuchautoren Drew Fellman und Mark Pressman geholt.
Fast zwanzig Levels umfasst Digital Extremes neuester 3D Shooter, die meisten davon sind Außenareale. Es gibt flauschige Täler wie in Halo, in denen Bäche plätschern und Blätter durch die Luft fliegen. Außerdem Militäranlagen und staubige Canyons. Eine modifizierte Unreal-Engine ist für die Grafik in den linearen Abschnitten verantwortlich.

Die Innen-Levels sind deutlich einfacher konstruiert. Im Vergleich zu den optisch ansprechenden Außengebieten sind die Gänge in Kommandozentrale und Wachturm eckig.

Auf der Erde geht's drunter und drüber: Mercenaries sind geflüchtete Gefangene, die sich in plündernden Banden zusammengerottet haben. Scavengers greifen nach der Guerrilla-Taktik an und ziehen sich wieder in ihren Unterschlupf zurück. Die 'Military Alliance Security' (kurz: MAS) sorgt für Recht und Ordnung und überwacht sieben große Gefängnisse. Keine dieser Gruppierungen ist Jack wohlgesonnen und mit rund einem halben Dutzend Waffen wehrt sich der zu 'Dr. Tod' mutierte Arzt gegen ihre Angriffe.

Die Havok-Technologie lässt getroffene Gegner realistisch zusammenbrechen, Fass und Kiste kippen wie in der Realität naturgetreu um. Alle Waffen sind mit Waffen-Energiekernen in drei Stufen aufrüstbar. Ans Bulldog-Maschinengewehr montiert man einen Feuerbeschleuniger oder einen Rückstoßstabilisator. Das Fraggewehr ist eine kraftvolle 'Pumpgun', die mit Servolader oder Titan-Konzentrator verstärkt wird. Das Upgrade ist jederzeit mitten im Spiel möglich. Mit Y öffnet sich ein Fenster, man entscheidet sich für die Art der Erweiterung - fertig.

Das Digikreuz wechselt die Waffen, ein Druck auf die schwarze Taste zeigt alle Einsatzziele. Neben dem originellen Aufrüsten beherrscht Jack Standardaktionen: Er geht hinter einer Mauer in die Hocke und springt auf eine Plattform, die ihn wie einen Fahrstuhl im 'Reservoir' durch die Industrieanlage befördert.

In einem Warthog-ähnlichen Bogie ist man entweder Fahrer oder Beifahrer. Am Lenkrad fährt man via linkem Stick vor und zurück, der rechte Stick bestimmt die Fahrtrichtung. Lenkt man das trotzig reagierende Gefährt nicht durch feindliche Camps und über Brücken, ballert man als Beifahrer auf Verfolger oder Heckenschützen.

Mit einem Heilgerät injiziert man sich wie ein Junkie neue Lebensenergie: Die Schübe lassen den Bildschirm verschwimmen, der Lebensenergiebalken füllt sich langsam auf. Das Ende sehen erfahrene Spieler recht flott und entkommen dem Virenalbtraum in ca. zwölf Stunden.

Über System-Link spielen 2 - 16 Leute gegeneinander, ebenso sind Online-Gefechte mit bis zu 16 Freunden möglich. Als Bonus haben Digital Extremes Pariah noch einen Karteneditor spendiert, um seine eigenen Levels zu bauen.




Ein Absturz auf einem feindseligen Planeten, dazu eine tödliche Virusinfektion: Kann es noch schlimmer kommen? Ja, wenn man vor dem Bildschirm sitzt und Pariah spielen muss.

Das Aufbauen der Waffen ist ein spielerischer Glanzpunkt: Sobald man einen neuen Energiekern hat, schaut man sofort nach verfügbaren Upgrade-Möglichkeiten. Die Energiekerne sind aber nicht versteckt oder etwas fernab der Route hinterlegt, um eine mögliche Suche interessanter zu gestalten. Selbst wenige Minuten nach einer Augenlaseroperation springen einem die Power-Ups gut sichtbar förmlich ins Gesicht.

Die Havok-Engine haucht der Gefängniswelt Leben ein. Trifft man einen Betonpfeiler, fliegen Splitter durch die Luft. Am Geländer montierte Stahlplatten scheppern nach ein paar Schüssen herunter. Eine Gasflasche rollt in einen Wachturm und explodiert nach einem gezielten Treffer.

In den Außenlevels schocken niedrigaufgelöste Bodentexturen und erwecken Retro-Gefühle: Sowas hat man wirklich seit dem N64 nicht mehr gesehen. Wie auf einer Perlenkette aufgezogen marschiert man durch die linearen Levels. 20 cm hohe Äste und fußballgroße Steine sind unüberwindbare Barrieren für den Spieler.

Lädt die Konsole nach, bleibt die Grafik kurz stehen. Bei Kameraschwenks ruckelt die instabile Framerate, die nur beim Geradeauslaufen einigermaßen bei der Sache ist. Die feindlichen MAS-Soldaten und Aufständischen haben ihr Hirn für Experimente zur Verfügung gestellt und transportieren in ihren hohlen Köpfen gegen Gebühr lieber Gehacktes, Reinigungsmittel und Bauschutt. Die Folge: Eine katastrophale Gegnerintelligenz.

Grundsätzlich schießen die Feinde aus eintausend Kilometer Entfernung. Egal wo man sich befindet, egal wie weit sie weg sind: Sobald sie die Nasenspitze von Jack sehen, schießen sie - und das meistens absolut treffsicher. Während man flucht, dass es keinen Radar für ihre Positionsbestimmung gibt, hetzt man in Deckung. Von dort versucht man die Schützen in der kontrastarmen Grafik auszumachen. Wer nichts sieht, hat auch mit den Ohren Pech: Das wirre Gefasel der Feinde ist zu leise, kaum verständlich und zum orten unbrauchbar.

Verstörte Reaktionen findet man oft bei Feindkontakt. Ein 'Mercenary' kauert hinter einem Pfosten und macht Tantra-Übungen: Ständig geht er in die Hocke, erhebt sich zur Hälfte und geht wieder in die Knie. Selbst wenn man direkt vor ihm steht, macht er unbeirrt weiter. Ein anderer kommt in einen Kontrollraum gelaufen, dreht sich um und geht wieder. Ein paar Sekunden später kommt er wieder angestürmt, bevor er wieder abhaut.

In einem Fahrzeug rast ein Gestörter gegen eine schräge Wand, an der er ohne ersichtlichen Grund hochfahren will. Er kippt um, liegt auf dem Kopf. Jetzt flucht er und schießt auf die Wand. Bevor er explodiert, kommt sein debiler Kollege angebraust: Auch er will die Wand hochfahren und kippt um. Ein besonders cleverer Scavenger-Gegner kommt angebrettert, wendet sein Fahrzeug und fährt rückwärts an mein Vehikel heran. Jetzt schießt er - anstatt auf mich - nach vorne auf seine eigenen Leute.

Bei soviel Witz und guter Laune, will die Xbox natürlich auch mitmachen. Bei jedem Schritt von Jack rattert das Laufwerk der Konsole im Takt. Das führt zu einer amüsanten Soundkulisse: Während Jack einen Hügel herunter spurtet, macht das Laufwerk brav 'Klack, klack, klack, klack' im Rhythmus seiner Schritte. Ein leiernder Militär-Soundtrack begleitet den akustischen Totalausfall mit platten Kompositionen.

Pariah ist im Vergleich zu Halo 2 oder The Chronicles of Riddick ein müder Abklatsch, der einzig das Aufrüsten der Waffen als interessantes Merkmal vorzuweisen hat. Das 3D Geballere ist spielerisch bankrott und grafisch in der aktuellen Konsolengeneration noch nicht angekommen. Was einem Digital Extremes an Feinden vorsetzt, ist eine Beleidigung; die Levels wirken uninspiriert und hingeschludert, sind das 'Tal der Tränen' unter den 3D Shootern.




'Leck mich doch am Arsch!' - das ist nicht nur ein Beispiel für die Sprachausgabe feindlicher Soldaten in Pariah, sondern auch die Einstellung von Digital Extremes gegenüber seinen Kunden. Der Name ist schließlich Programm: Kauft unseren DIGITALEN Müll für EXTREM viel Geld.

Außer mit anspruchsvollen Toilettensprüchen verzücken die Feinde mit Kleintierverhalten, denn den Ausdruck 'Gegnerintelligenz' möchte ich lieber nicht benutzen. Man fährt z.B. in ein Lager der Kleintiere, die nicht schießen. Erst wenn man aus dem Fahrzeug aussteigt, ballern sie. Ein anderes Kleintier lungert hinter einem explosiven Fass herum, was übrigens oft die bevorzugte Deckung von ihnen ist. Selbst wenn man um das Tier herumläuft, bleibt es sitzen.

Zwei Kleintiere standen auf einer Brücke und schauten mit ihren Gewehren im Anschlag herunter. Was es da wohl zu sehen gab? Ich lief zu ihnen hin und blickte mit ihnen nach unten. Doch leider war da nichts weiter.

Unter freiem Himmel reißen die Levels wenigstens optisch noch was raus, im Gefängnis und Labor sieht's aber übel aus. Viele Bereiche sind eckig wie nach einem Baukastenprinzip zusammengeschustert. Manches ähnelt sich so sehr, dass man trotz der Geradlinigkeit manchmal vor eine verschlossene Tür rennt und den Ausgang sucht.

Die Partnerin Karina ist ein völlig planloses Wesen. Das Frauenzimmer weiß nie so recht, was es will: Mal ist sie die eiskalte Killerin mit knallharten Antworten, im nächsten Moment stammelt sie ängstlich herum und hat die Hosen voll.

Eigentlich dachte ich, dass es nach Killzone nicht grauenvoller sein könnte. Doch Digital Könnnixtremes hat mich eines besseren belehrt. Ist man in den ersten Minuten noch von der hübschen Waldgrafik angetan, stürzt die Pulsfrequenz mit jedem Schritt mehr in den Keller.

Pariah hat keine Höhen, dafür Tiefen: Es scheint so, als wenn man den Programmcode bei der Inventur gefunden und notdürftig zusammengeflickt hat. Eingezwängt in lineare Levels quetschen die Entwickler Toilettensprachausgabe, verblödete Gegner und Gähngrafik mit dem Schraubstock des schlechten Geschmacks zu einem abstrusen Unterhaltungsbrei zusammen. Um diese spielerische Nahtoderfahrung sollten Shooter-Fans einen weiten Bogen machen.




Spielen wie im letzten Jahrtausend - das wäre ein passender Slogan für Pariah. Denn nach heutigem Maßstab enttäuscht Digital Extremes 3D-Shooter mit altbackener Baller-Action, ideenlosem Leveldesign und mieser Präsentation.

Schon nach wenigen Minuten zeigt sich, dass Pariah neben eingängiger Steuerung und dem aufwertbaren Waffenarsenal kaum etwas Positives zu bieten hat. Mit vollkommen misslungenen KI-Routinen verkommen die Gegnermodelle zur harmlosen Gurkentruppe. Scavenger laufen wie aufgescheuchte Hühner über das Spielfeld, Mercenaries schießen mit schweren Waffen vor die eigenen Füße und die Truppen der MAS setzen ihre Dart-Bikes gezielt vor die nächste Felswand. Besteigt man während einer der seltenen Vehikel-Einlagen selbst die Panzerfahrzeuge, stellt man schnell fest, dass deren Geschütze nur ineffektives Streufeuer abgeben. Es ist fast unmöglich einen Feind damit zu treffen.

Die Spielareale sind derart eintönig angelegt, dass selbst das Öffnen einer Türe zum thematischen Höhepunkt avanciert. Stur läuft man vorgegebene Pfade ab und eleminiert zum x-ten Mal eine der variationslosen Feindformationen.

Die optische Präsentation ist ebenfalls dürftig. Teils heftige Ruckeleinlagen hemmen den Spielfluss; die schwammigen Texturen könnten geradewegs einem N64-Titel entstammen. Während die krachigen Soundeffekte noch in Ordnung gehen, fällt die überzogen-theatralische Militärmusik schnell auf die Nerven.

Ein Mysterium bleibt Pariahs Hintergrundgeschichte. In nur schnipsellangen Videosequenzen erzählt, vermag man den hirnrissigen Ablauf in keinster Weise zu ergründen. Leider kann sich der Mehrspieler-Modus auch nicht in nennenswerter Weise von der Qualität der viel zu kurzen Hauptkampagne abheben. Dem integrierten Leveleditor werden daher wohl nur eingefleischteste Fans etwas Positives abgewinnen können.
Das war wohl nichts: Auf Grund technischer Mängel und der vollkommen lieblosen Spielgestaltung versinkt der Halo-Klon Pariah im tiefen Sumpf der Mittelmäßigkeit.





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