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Gamefront: Die aktuelle Ausgabe


Facts:

System: PlayStation2
Entwickler: Konami
Vertrieb: Konami
Version: USA
Test in GAMEFRONT # 45 März 2005


Versteckspielen im Dschungel: In Tarnklamotten und mit coolen Nahkampftechniken beginnt der Überlebenskampf in Konamis Urwald.



Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende, der kalte Krieg beginnt: Die Staaten des Westens formieren sich in der NATO, die des Ostens im Warschauer Pakt. In der Zeit des Wettrüstens zwischen Ostblockstaaten und den USA wird Wissenschaftler Sokolov in Russland entführt, um an einer gigantischen Raketenabschussbasis zu arbeiten: Sie könnte in der angespannten Lage einen Weltkrieg auslösen. Snake von der FOX-Spezialeinheit reist nach Russland, um den Wissenschaftler zu finden und die Shagohod-Basis zu zerstören.

Snake Eater handelt 1964 und Jahre vor dem ersten PlayStation Metal Gear Solid. Director Hideo Kojima baut auf dem Stealth-Prinzip von Metal Gear Solid 2 auf und frischt das Konzept mit innovativen Überlebungs- und Tarnkomponenten auf. Die meiste Zeit ist Snake im tiefsten Dschungel Russland unterwegs, in dem Wachposten mit ihren Hunden patroulieren. Im Dickicht stößt Snake aber auch auf Lagerhaus und Militärlabor, das er infiltriert.

Neu in der Metal Gear-Serie ist der Verbrauch von körperlichen Energiereserven. Laufen, kriechen, kämpfen, schwimmen - jede Aktion verbraucht wie in der Realität Snakes Kraft. Sinkt die Energieleiste, wird man schwächer: Beim Zielen wackelt das Scharfschützengewehr, verräterisches Magenknurren lässt Wachen aufhorchen. Zum Krafttanken jagt man Frosch und Schlange oder stibitzt einer betäubten Wache die Feldration. Doch die im Rucksack deponierte Nahrung ist nicht endlos haltbar, sondern verdirbt mit der Zeit. Isst man einen verschimmelten Hasen, gibt's nicht nur wenig Energie, sondern auch eine Vergiftung.

Zum Kurieren - auch von Schusswunde und Blutegelbefall - wechselt man ins 'Cure'-Menü. Ein Röntgengerät zeigt Schnittverletzung und Verbrennung, ein Assistent sagt was zu tun ist: Wunde desinfizieren, nähen und verbinden - der begrenzte Vorrat aus dem Erste-Hilfe-Kasten päppelt den Einzelkämpfer wieder auf. Eine zweite Energieleiste zeigt die Lebensenergie an, die Snake sofort bei einer Schusswunde verliert. Sie füllt sich mit der Zeit komplett selbst wieder auf, sofern er keine kräftezehrende Verletzung wie einen Messerschnitt oder einen Armbruch hat.

Man sieht Snake immer aus einer Draufsicht, die Kamera lässt sich mit dem rechten Analogstick nur in die vier Himmelsrichtungen verschieben, um einen anderen Ausschnitt zu sehen. Drückt man die R3 Taste, bleibt sie in der neuen Position stehen. Alternativ schaut man sich aus der Ich-Perspektive um, via L2 + R2 sogar aus einer erhöhten Stellung auf Zehenspitzen. Lehnt man an Baum und Wand, sieht man Snake von vorne: Mit den Schultertasten lugt man vorsichtig zu den Seiten.

Nutzt Sam Fisher im schwarzen Kampfanzug Schatten aus, geht Snake in die Umkleidekabine. Fast dreißig Tarnklamotten schützen vor dem Entdecktwerden. Aus dem Menü wählt man 'Rain Drop'- und 'Tree Bark'-Anzug; eine Prozentanzeige ('Camouflage Wert') gibt an, wie gut die Tarnung im Schilf und Dschungeldickicht funktioniert. Bei 10 Prozent entdecken Späher Snake sofort, bei 90 Prozent laufen sie ahnungslos an ihm vorbei. Zur Kleidung wählt man zehn passende Gesichtsbemalungen, die den Camouflage-Wert ebenfalls beeinflussen.

Schlagen die Wachen Alarm, benachrichtigen sie sofort das Hauptquartier und rufen Verstärkung. Schon wimmelt es auf dem Bootssteg von Patroulien, die mit Gewehr im Anschlag und hinter kugelsicheren Schilden nach Snake Ausschau halten.

Mit der Betäubungsknarre erledigt man die Häscher aus der Ego Ansicht. Damit die schnarchenden Soldaten niemandem auffallen, zieht man sie ins hohe Gras oder versenkt sie im Sumpf. Um zu verhindern, dass sie wieder aufwachen, versetzt man ihnen einen Hieb mit dem Messer oder einen Kopfschuss mit der M91. Durch das restliche Inventar blättert man mit den Schultertasten; was nicht benötigt wird, landet im Menü. Wer Rauchbomben, M37 Schrotflinte und RPG-7 Raketenwerfer mitnimmt, hat schwerer zu tragen und verbraucht mehr Kraft.

Wie in den Vorgängern hält man via Funk Kontakt zum Hauptquartier, bekommt Anweisungen von Major Zero, Waffentipps von Sigint oder flirtet mit Filmfan Para-Medic, die sich auch ums Speichern kümmert.




Verwirrende Handlung, nervender Dauer-Codec-Beschuss - nichts von dem ist in Snake Eater zu finden. Konami hat den Vater aller Stealth-Spiele entschlackt und mit frischen Ideen aufgewertet.

Das Camouflage-Tarnsystem ist sinnvoll integriert und innovativ. Hatte ich anfangs die Befürchtung, dass man sich alle paar Meter umzieht, so kommen derartige Garderobenwechsel in der Praxis nicht vor. Die Geschichte ist nachvollziehbar und auch ohne Aspirin wie in MGS2 zu verstehen. Man erfährt viel über die Charaktere anderer Metal Gear Episoden, so manches Geheimnis wird zur Freude der Fans gelüftet. Überall findet man versteckte Anspielungen und stolpert über Extras und 'Easter Eggs', die ein erneutes Durchspielen reizvoll machen. Hideo Kojima und sein Team haben viele versteckte Gags eingebaut, die sich auf andere Spiele, Zeitschriften und Filme beziehen. Derartige Hingabe und Sorgfalt bei der Präsentation erlebt man heutzutage selten. Die Zwischensequenzen sind meisterhaft und sowohl dramaturgisch als auch inhaltlich reines Hollywood-Kino.

Dennoch ist MGS3 nicht so schnell zugänglich wie die Vorgänger oder die Splinter Cell Konkurrenz. Besonders die Kameraperspektive verlangt sehr viel Eingewöhnung und ist nervend: Da Rotieren und Kippen unmöglich ist, wird man mal von außerhalb des Bildschirm getroffen oder rennt in eine Wache hinein. Der Unübersichtlichkeit kommt man auch nicht mit der zuschaltbaren Ego-Ansicht bei; zu langsam dreht sich das Sichtfeld, zu träge ist das Schiessen bei zu vielen Angreifern. Erst nach etlichen Stunden hat man sich an die unpassende Kamera gewöhnt.

Schlecht sind Fluchtmanöver bei feindlicher Überzahl gelöst: Rennt Snake währenddessen gegen Baum oder Kiste, lehnt er sich dagegen und die Kamera schaltet um. Das kostet Zeit, in der man locker einige Treffer kassiert. Das Heilen und Operieren ist eine coole Idee, ebenso wie jagen und essen.

Die harten Gegner sind intelligent und beim kleinsten Fehltritt Snakes alarmiert: Eine zu wilde Bewegung beim Anschleichen, zu lautes Rennen oder ein knurrender Magen lassen die Posten hellhörig werden. Ein Glanzpunkt sind die fairen Bosskämpfe, die mit Einfallsreichtum punkten.

Grafisch sorgen feinste Texturen und eine nahezu fotorealistische Landschaft für Staunen - so etwas hat man auf der PS2 noch nie gesehen. Gelegentliche Störungen der Bildzeilen (Tearing) beim Umschauen stören kaum. Die Animationen sind überragend. Musikalisch hält sich das Spiel zurück. Zu störend wäre ein Orchester im Dschungel, wenn man zwischen Vogelzwitschern und Grasrascheln Schritte der Wache hören will. Die Synchronsprecher sind in Ordnung und keinesfalls solche stümperhaften Gestalten wie in der deutschen Killzone- oder Halo 2-Version.

Metal Gear Solid 3 Snake Eater richtet sich an anspruchsvolle Stealth-Profis, die ein Höchstmaß an Realismus wollen und auch vor einer sehr langen Einspielzeit nicht zurückschrecken. Der Überlebenskampf im Dschungel ist nichts für Anfänger oder Gelegenheitsspieler, da sie weder mit der vermurksten Kamera noch mit der komplizierten Steuerung zurechtkommen. Der Schwierigkeitsgrad liegt so auch höher als in Splinter Cell oder den Vorgängern. Die Bosskämpfe sind phänomenal, und die Präsentation eine Wucht. Kämpfen, Wunden operieren, Schleichen und Tarnen - das grafisch in Referenzregionen vorstoßende Snake Eater bleibt Stealth-König Sam Fisher dicht auf den Fersen.




Metal Gear Solid 3 hat mich zunächst nicht umgehauen. Ich lief erst wie ein Blöder herum, wurde ständig erschossen oder von zig Wachen verfolgt. Der schiere Funktionsumfang, von Camouflage-Tarnung, Heil-Menü, Nahrungsaufnahme, Waffenhandhabung bis hin zu den Bewegungen von Snake prasseln auf einen ein wie ein Steinschlag. Man weiß zunächst nichts mit Snake Eater anzufangen: Wie war das mit der Tarnung? Wie funktioniert das 'Backpack'? Wo finde ich was zu essen? Erst nach etlichen Stunden sind Bedienelemente und Fähigkeiten von Snake vertraut, hantiert man problemlos mit Camouflage- und Nahkampftechniken. Diese sehr lange Einspielzeit vergrault Einsteiger und Ungeduldige, nur hartgesottene Fans halten durch.

Die Boss-Charaktere sind im Kampf der Hammer und eine Herausforderung. Allerdings könnten sie auch aus einem schrägen Anime-Film stammen und oft musste ich lachen, als ich ihre hanebüchene Hintergrundgeschichte erfuhr. Ist die Kamera scheiße? Ja, sie ist scheiße. Kann man es trotzdem spielen? Ja. Allerdings sollte sich Kojima mal langsam von der unpassenden Perspektive verabschieden und eine Sichtweise einbauen, die einem mehr zeigt als nur einen Ausschnitt aus der Draufsicht.

Was habe ich davon, wenn ich keinen Feind sehe, doch er mich sogar von außerhalb des Bildschirms? Die Handlung ist interessanter und verständlicher als in Metal Gear Solid 1 und 2. Sie hält so manche Überraschung parat, wodurch auch die Vorgänger in einem ganz anderen Licht erscheinen. Ernst nehmen sollte man sie aber nicht: Jemand rast mit einem dröhnenden Motorrad durch Sumpf und schwerbewachtes Dschungelbuschwerk, durch das ich anschließend schleichen muss, weil mich sonst eine Wache hört - das ist einfach Schwachsinn.

In MGS2 gingen mir die minutenlangen Codec-Funksprüche auf den Sack. Im ersten Drittel gibt es auch die ein oder andere längere Funkdebatte: Hauptsächlich geht es um den Einstieg in die Geschichte oder um Spielfunktionen wie die Tarnung. Später reduzieren sich die Funksprüche deutlich, die zudem mit witzigen Sprüchen, Anekdoten und Anspielungen gespickt sind - ein Highlight für Fans.

Die Dschungellandschaft ist der Hammer und sieht phantastisch aus. Es gibt viele Extras, wodurch ein Anreiz zum erneuten Durchspielen gegeben ist. Der Sound besticht mit guten Synchronsprechern und realistischen Umgebungsgeräuschen: Gras rascheln und die Laute der Tierwelt erzeugen eine dichte Dschungelatmosphäre. Die Einspielzeit ist hoch und erst nach sechs bis sieben Stunden kam ich mit allen Funktionen und Kommandos zurecht. Stolpersteine gibt's trotzdem: Wollte ich mich hinknien, legte Snake sich auf den Boden. Wollte ich aus der Hocke aufstehen und vor dem Gewehrfeuer weglaufen, legt Snake sich auf den Bauch und kassiert Kugeln.

In offenen Schusswechseln mit mehreren Soldaten ist es schwer, ständig zum Zielen in die Ich-Perspektive zu wechseln. Solche Gefechte machen keinen Spaß; denn während ich mit einer guten Kameraposition ringe, kassiere ich einen Treffer nach dem anderen.

Metal Gear Solid 3 Snake Eater übertrifft den Vorgänger in punkto Handlung und Kämpfe, das Camouflage-Tarnsystem, die Nahrungsaufnahme und Operationen sind mal was Neues im Stealth-Genre. Fans der Serie finden sich schnell zurecht, Splinter Cell Veteranen kommt der Überlebenskampf etwas holprig vor: Schlechte Kameraführung, prallvolles Joypad und ständige Perspektivwechsel (Ego-/Draufsicht, Vorderansicht) machen Snakes Abenteuer gewöhnungsbedürftig und weniger elegant als Splinter Cell. Wer die Geschichte der Metal Gear-Episoden nicht kennt, der betrachtet Schlüsselszenen gleichgültig und hat mit den Charakteren wenig am Hut; auch viele der Gags und Anspielungen in den Szenarien bleiben auf der Strecke.





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